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Für diesen Satz erntet Kai Wegner Spott: „Die Verwaltungsreform ist eine historische Chance für Berlin“

Für diesen Satz erntet Kai Wegner Spott: „Die Verwaltungsreform ist eine historische Chance für Berlin“

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat sich optimistisch geäußert, dass es mit der Verwaltungsreform wie geplant vorangeht. „Wir sind kurz vor dem Ziel“, sagte der CDU-Politiker im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Das Landesparlament soll über das nötige Gesetzespaket noch vor der Sommerpause beschließen. Bis dahin wird noch an Details gefeilt. Doch insbesondere für Kai Wegner ist die Flughöhe schon jetzt gewaltig, da können die Worte offenbar nicht groß genug sein.

„Mir ist wichtig, dass wir eine Verwaltungsreform hinbekommen, die gut für Berlin funktioniert“, sagte Wegner am Mittwoch im Parlament. Zentrales Ziel der Reform sei es, „dass wir in dieser Stadt endlich klare Zuständigkeiten haben“. Das sprichwörtliche Behörden-Pingpong, die organisierte Verantwortungslosigkeit sollten ein Ende haben.

Dass die komplizierten Zuständigkeiten zwischen Land und Bezirken beendet werden, sei ein Wert an sich, sagte Wegner. Wenn es dann bei den parlamentarischen Beratungen noch Verbesserungen gebe, sei er dafür sehr offen, so der Regierende Bürgermeister.

Bei diesen Beratungen geht es zum Beispiel um eine sogenannte Einigungsstelle, die im Fall von Konflikten zwischen Land und Bezirken angerufen werden soll. Bisher ist umstritten, ob die Einigungsstelle das letzte Wort haben soll, oder ob sich der Senat in Einzelfällen darüber hinwegsetzen kann.

Auch eine wuchernde Bürokratie soll durch die Verwaltungsreform abgebaut werden.
Auch eine wuchernde Bürokratie soll durch die Verwaltungsreform abgebaut werden.Stephanie Pilick/dpa

Genauso offen ist zum Beispiel auch, ob weiterhin Bezirke gegen Entscheidungen des Senats vor Gericht ziehen können. Zuletzt kündigte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eine Klage gegen Pläne des Senats an, den Görlitzer Park zur Verbrechensbekämpfung und Prävention einzuzäunen. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht nicht zugelassen.

Wegner nutzte die Sitzung des Hauptausschusses einmal mehr für ein fast schon überschwängliches Lob für Grüne und Linke, neben der AfD in der Opposition im Berliner Parlament. Noch zu Zeiten von Rot-Grün-Rot wurde ein Eckpunktepapier einer solchen Reform entwickelt. Darauf setzte der aktuelle Senat, und Grüne und Linke machten mit.

Berliner Verwaltungsreform: Wegners Pakt mit Grünen und Linken

Sie signalisierten Zustimmung zu einer angestrebten Änderung der Landesverfassung. Wegen der dafür nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit braucht der schwarz-rote Senat Unterstützung aus der Opposition.

Das sei ein Beweis, „dass Demokraten, wenn sie es wollen, zu guten Ergebnissen kommen können“, sagte Wegner. Und: „Das ist ein beispielgebendes Projekt, das ein starkes Signal setzt in einer Zeit des Vertrauensverlustes in Institutionen und Politik.“ Der in den vergangenen Tagen durch die Wahl des Bundeskanzlers Friedrich Merz in die Diskussion gekommene Unvereinbarkeitsbeschluss seiner CDU mit den Linken erwähnte er dabei nicht.

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner überreicht dem frisch gewählten Kanzler Friedrich Merz (beide CDU) seine Ernennungsurkunde. Möglich wurde die Wahl unter anderem durch die Linkspartei.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner überreicht dem frisch gewählten Kanzler Friedrich Merz (beide CDU) seine Ernennungsurkunde. Möglich wurde die Wahl unter anderem durch die Linkspartei.Christian Spicker/imago

Nach Wegners Worten sei die Verwaltungsreform „eine historische Chance“ für Berlin. Er sagte, es gehe um eine Verwaltungsreform, die für Generationen gelten solle. „Nur wenige haben geglaubt, dass so etwas nach 20 Jahren Debatte auf den Weg gebracht wird.“

Das sind große Worte – und diese kamen nicht bei allen Ausschussmitgliedern gleich gut an. So zeigte sich insbesondere der AfD-Abgeordnete Rolf Wiedenhaupt kratzbürstig. „Man muss niemandem in der Stadt erklären, dass die Stadt nicht funktioniert, die Verwaltung nicht funktioniert“, sagte er. Eine Reform sei überfällig. Und der frühere CDU-Mann hatte noch Extra-Spott für Wegner parat. Ob die Reformbemühungen „historisch“ seien, wie es der Wegner gesagt habe, „will ich mal dahingestellt lassen“, so Wiedenhaupt. Aber das sei ja ohnehin Wegners „besondere Ausdrucksweise: immer etwas übers Ziel hinaus“.

Berliner Verwaltungsreform: „Wo bekomme ich mein Wohngeld?“

Wie weit der Weg bis zu einem Ziel sein dürfte, veranschaulichte Daniela Ortmann, Vorsitzende des Hauptpersonalrats des öffentlichen Dienstes in Berlin. Sie gab den Politikern einen Einblick in Leben und Arbeiten in der Berliner Verwaltung. Dort sei „der Gedanke, dass wir alle Teil eines öffentlichen Dienstes in dieser Stadt sind, nicht vorherrschend“, sagte sie. Stattdessen herrsche zwischen den Dienststellen und Ebenen häufig Misstrauen und eine Abgrenzungsmentalität. Das gelte erst recht für das Verhältnis zwischen „denen da oben“ in den Senatsverwaltungen und „denen da unten“ in den Bezirken, so die ehemalige Finanzbeamtin im Finanzamt Wilmersdorf. Das müsse dringend enden. Für Ortmann sei deshalb klar: Die Gesetzesentwürfe seien erst der Startschuss, die Umsetzung ins tägliche Arbeiten gehen jetzt erst los.

So oder so: Für die Menschen in Berlin wird der innere Zustand der Verwaltung allenfalls zweitwichtig sein. Daran erinnerte Torsten Schneider von der SPD. Für die Bürger stünden andere, konkrete Dinge im Vordergrund, sagte der Haushaltspolitiker. Sein Beispiel: „Wo bekomme ich mein Wohngeld?“ Die Fragen, wer nun zuständig sei für einen Zaun um den Görlitzer Park und ob und wie eine Einigungsstelle zwischen Landes- und Bezirksebene arbeite, kämen erst weit danach.

Berliner-zeitung

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